Im
19. Jahrhundert
war ein Großteil des Balkans noch immer unter
Türkischer bzw. Osmanischer Vorherrschaft. Das Osmanische
Reich, dessen Ausdehnung einst von Budapest bis Baku und
von Bagdad bis Algerien reichte, war zu jener Zeit bereits im
Zerfallsprozess. So war es nicht verwunderlich, dass es Mitte des 19.
Jahrhundert auch in Europa vermehrt zu Aufständen gegen die
Türkische Herschafft kam.
In den Jahren 1875/76 kam es in Bosnien und Bulgarien zu
Aufständen gegen die Türkei, denen sich
schließlich
auch Serbien und Montenegro, mit Kriegserklärungen gegen das
Osmanische Reich, anschlossen. Nachdem es schließlich in
Bulgarien zu einer Niederschlagung des Aufstandes mit vielen Toden kam
(laut amerikanischer Kommission 15.000 Opfer - meist Frauen und
Kinder), beschloss 1877 auch Russland gegen die Osmanen in den
Krieg zu ziehen. Das noch junge
Österreich-Ungarn versicherte dem Russischen Reich,
während des Krieges Neutral zu bleiben und sich nicht
einzumischen, obwohl man einen dadurch möglichen Machtzuwachs
Russlands befürchtete.
Der Krieg selbst dauerte nicht allzu lang, da es den Russischen Truppen
schnell gelang die Türken zu schlagen und bis kurz vor
Konstantinopel (Istanbul) vorzudringen. Der Osmanische Sultan war
dadurch gezwungen, den für sein Reich negativen,
Friedensvertrag von San Stefano zu unterschreiben, der neben der
Unabhängigkeit Rumäniens, Serbiens und Montenegros
auch die Schaffung eines großen Bulgarischen Staates vorsah.
Russland wollte sich dadurch einen direkten Zugang zum Mittelmeer
verschaffen und zog sich, durch sein eigenmächtiges Vorgehen,
schnell den Unmut von Großbritannien und dem benachbarten
Österreich-Ungarn zu. Da diese Situation schnell zu einem
neuen Krieg führen würde, für den sich
Österreich-Ungarn nicht gerüstet sah, schlug man
einen diplomatischen Kongress vor. Stattfinden sollte dieser im
Deutschen Reich, da Deutschland keine eigenen Interessen auf dem Balkan
hatte.
Unter Einladung
Bismarcks, der auch den Vorsitz inne hatte, begann am 13. Juni 1878 der
sogenannte Berliner
Kongress.
Insgesamt sollte die Tagung, die im Palais Radziwill (Reichskanzlei)
stattfand, einen Monat andauern. Neben den Großmächten, inklusive
Österreich-Ungarn, und dem Osmanischen Reich durften auch Vertreter von
Griechenland, Rumänien und Serbien, wenn auch ohne Stimmrecht, am
Kongress teilnehmen.
Hauptpunkt
der Versammlung war die Bildung der unabhängigen Staaten Bulgarien,
Serbien, Montenegro und Rumänien über deren Entstehung größtenteils
Einigkeit herrschte. Allerdings gab es bei den
Festlegungen der Grenzen große Meinungsverschiedenheiten, was
schließlich zu einem deutlich kleineren Bulgarien
führte als von Russland vorher festgelegt. Dennoch hatte man
vor einem zu großen Machtzuwachs der Russen weiterhin Angst
(Bulgarien wurde als Russischer Vasallenstaat angesehen), weswegen man
Österreich-Ungarn zugestand Bosnien-Herzegowina zu besetzen.
Die Verwaltung dieses Gebietes blieb jedoch weiterhin in
Türkischer Hand. Am 13. Juli 1878 endete der Kongress mit der
Unterzeichnung des Berliner Vertrages.
Für Russland, dessen Ziel der lang ersehnte direkte Zugang zum
Mittelmeer war, wurde das Kongressergebnis als Niederlage empfunden. Für
Österreich-Ungarn hatte der Kongress, genauso wie für
das Deutsche Reich, vor allem eine Verschlechterung der Beziehungen zu
Russland zur Folge, was daher schon als erster Schritt in Richtung
Weltkrieg gesehen werden kann.
Anzeige
|
B
E
R
L
I
N
E
R
K
O
N
G
R
E
S
S |