Der
Zerfall von
Österreich-Ungarn begann bereits vor dem eigentlichen Ende des ersten
Weltkriegs. Am 30. Mai 1917, als durchaus noch Hoffnung auf einen
erfolgreichen Waffengang vorhanden war, traf sich der österreichische
Reichsrat erstmals nach drei Jahren Pause. Mehrere Kronländer bekannten
sich schon hier zum Ende der Donaumonarchie und zur Gründung von
Nationalstaaten. So wollten z.B. die Tschechen, unter Einschluss der
Slowakei, einen eigenen Staat, während die Polen in Galizien, zum Ärger
der Ukrainer, den Anschluss an einen neugegründeten polnischen Staat
propagierten. Slowenen und Kroaten wollten sich einem südslawischen
Staat mit Serbien anschließen. Etwas anders sah es hingegen in der
ungarischen Reichshälfte aus, da die dort vorhandenen Minderheiten
(z.B. Rumänen und Slowaken) kaum im ungarischen Reichstag vertreten
waren und solche Meinungen sowieso der Kriegszensur unterlagen.
Eine
Lösung für dieses Problem kam nicht mehr zustande, da Ideen, wie das
kaiserliche Völkermanifest (16. Oktober 1918), welches eine
Konföderation freier Völker vorschlug von den Ungarn abgelehnt wurde
und die nationalen Wünsche der einzelnen Völker schon zu groß war.
Stattdessen wollten die Ungarn die bestehende Realunion beenden und
durch eine Personalunion, ohne politische Verbindung, ersetzen.
Als die Niederlage
des Weltkriegs abzusehen war überschlugen sich die Ereignisse in
Österreich-Ungarn. Nachdem Karl I.
am 26. Oktober das Bündnis mit dem Deutschen Reich gelöst
hatte wurde am 28. Oktober in Prag die Bildung eines
neuen Staates
beschlossen und die Tschechoslowakische Republik
ausgerufen, während Galizien (Im Osten des Reiches) sich
zeitgleich einem neugegründeten polnischen Staat
anschließen wollte. Tags darauf folgten mit Kroatien und Slowenien zwei
weitere Nationen, die sich gemeinsam mit den Serben zu einem
südslawischen Staatenbund zusammenschlossen.
Am 30. Oktober wurde in den deutschsprachigen Gebieten der Staat
Deutschösterreich
gegründet und Karl Renner zum Staatskanzler ernannt. Schließlich folgte
am 31.
Oktober noch der der Beitritt
Siebenbürgens zu Rumänien und Ungarn erklärte die Realunion mit
Österreich für beendet. Damit war das Ende der k.u.k. Doppelmonarchie
offiziell vollzogen, auch wenn der erste Weltkrieg zu diesem Zeitpunkt
noch im Gange war.
Erst als am 4. November 1918 um 15:00 der Waffenstillstand von Villa
Giusti (Villa des Grafen Giusti del Giardino bei Padua) zwischen
Österreich und Italien in Kraft trat waren die Kampfhandlungen und
damit der Krieg für die ehemalige Donaumonarchie beendet. Kaiser Karl
I., der in diesen Tagen schon als ehemaliger Kaiser bezeichnet wurde,
musste nun, unter Drängen von Karl Renner und anderen Politikern, auf
seine Staatsgeschäfte in Österreich verzichten. Zwei Tage später
leistete er in Ungarn den gleichen Verzicht. Im März 1919 begab er sich
schließlich in die Schweiz wo er bis 1921 im Exil lebte, ehe er nach
Madeira gebracht wurde, wo er am 1. April 1922 an einer schweren
Lungenentzündung verstarb.
Österreich selbst hatte sich als Deutschösterreich nach dem Krieg der
neuen Deutschen Republik (Weimarer Republik) angeschlossen, was
allerdings wenig später durch die 1919 geschlossenen Friedensverträge
(Vertrag von Saint-Germain und Versailler Vertrag) mit einem
Anschlussverbot unterbunden wurde und dazu führte, dass Österreich (Mit
Ausnahme von 1939 - 1945) bis heute ein eigenständiger Staat ist.
Übersicht des Zerfalls von
Österreich-Ungarn
Länder in Österreich-Ungarn
|
Zugehörigkeit nach dem Zerfall
|
Königreich
Böhmen |
Tschechoslowakei |
Königreich
Dalmatien |
Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen
(Das spätere Jugoslawien)
|
Königreich Galizien und Lodomerien |
Polen (Ostgalizien bis Mai 1919
Westukrainische Volksrepublik) |
Erzherzogtum Österreich unter der Enns |
Österreich (Kleine Teile zur
Tschechoslowakei) |
Erzherzogtum Österreich ob der Enns |
Österreich |
Herzogtum Bukowina |
Rumänien |
Herzogtum Kärnten |
Österreich (Teile an Königreich der Serben,
Kroaten und Slowenen) |
Herzogtum Krain |
Königreich der Serben, Kroaten und Slowenien |
Herzogtum Salzburg |
Österreich |
Herzogtum Ober- und Niederschlesien |
Aufteilung zwischen Tschechoslowakei und
Polen |
Herzogtum Steiermark |
Österreich (Teile an Königreich der Serben,
Kroaten und Slowenen) |
Markgrafschaft Mähren |
Tschechoslowakei |
Gefürstete Grafschaft Tirol |
Aufteilung zwischen Österreich und Italien |
Küstenland |
Italien |
Voralberg |
Österreich |
Königreich
Ungarn |
Aufteilung zwischen Ungarn, Rumänien,
Tschechoslowakei und
Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen |
Königreich Kroatien und Slawonien |
Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen |
Fiume mit Gebiet |
Freistaat Fiume (1924 von Italien
annektiert) |
Bosnien-Herzegowina |
Königreich der Serben, Kroaten und Slowenen |
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